Versteckspiel mit den Silbenkönigen

Leni ist ein fröhliches Mädchen, spielt gerne mit anderen Kindern, ist wissbegierig, neugierig, voller Ideen und freut sich schon sehr auf die Schule.
Das war vor knapp zwei Jahren. Mittlerweile war Leni in der 2. Klasse. Manchmal weinte sie morgens, hatte Bauchschmerzen und wollte nicht zur Schule gehen.

Silbenkönige und vertauschte Buchstaben

Ihre Mutter war ratlos. Am Anfang der 1. Klasse freute sich Leni auf jeden neuen Schultag. Sie liebte es zu rechnen, Bilder zu malen, zu erzählen. Nur mit den Buchstaben kam sie nicht so zurecht. Sie wollten ihr nicht gelingen. Leni hatte das Gefühl, als wackelten die Buchstaben vor ihren Augen, die Silbenkönige versteckten sich vor ihr, sie vertauschte die Buchstaben, irgendwie sahen viele doch gleich aus und hörten sich auch gleich an. Das war alles nicht schlimm, es gab noch keine Noten, die Lehrerin war nett, half oft und motivierte das Mädchen. Irgendwann meinte die Lehrerin, Leni solle mehr üben, aber das tat sie doch zusammen mit ihrer Mutter, sogar sehr viel und jeden Tag.


Schreiblinien und Buchstabensalat

Auch Lenis Schrift war merkwürdig. Es kam vor, dass sie einen großen Buchstaben ganz klein schrieb und einen kleinen Buchstaben ganz groß, und manchmal landete auch ein Buchstabe ober- oder unterhalb der Schreiblinien oder sie waren ineinander verflochten.
Beim Lesen rutschte Leni oft in eine andere Zeile. Beim Schreiben und Lesen fehlten immer wieder Buchstaben, Silben, Endungen oder sogar ganze Wörter. Manche Buchstaben schrieb sie doppelt oder verkehrt herum. Sie machte Fehler, konnte die Fehler aber nicht erkennen. Leni schrieb auch Wörter richtig und dann wieder falsch, wieder richtig, wieder falsch – trotz des vielen Übens.
Auch das Erzählen, was sie früher so toll mochte, fiel Leni zunehmend schwerer, oft verlor sie nun den roten Faden und kam durcheinander.

Tränen und Frustration

Es dauerte lange, bis die Lehrerin verstand, dass die Mutter regelmäßig und viel mit ihrer Tochter übte. Fast täglich gab es Tränen und Frust, fast keine Freude mehr. Leni war intelligent, sie wusste viel, hatte gute Ideen und setzte sie um. Im Rechnen war sie fast die Beste.
Unaufmerksam wurde Leni, sobald sie mit Buchstaben in Berührung kam. Dann wurde sie unruhig und nervös, die Aufmerksamkeit ließ schnell nach und die Buchstaben fingen wieder an zu tanzen.

Training und Geduld

Die Mutter recherchierte im Internet und informierte sich. Sie fand eine engagierte Legasthenietrainerin und ließ Leni nach einem ausführlichen Gespräch testen: Eine Legasthenie wurde diagnostiziert.

Legasthenietraining

Heute ist Leni in der 4. Klasse. Nach wie vor ist sie eine sehr gute Rechnerin, in Deutsch arbeitet Leni ein- bis zweimal in der Woche mit ihrer Legasthenietrainerin. Sie geht sehr gerne dorthin. Hier lernt Leni, besser mit ihrer Un-Aufmerksamkeit umzugehen, sie trainiert ihre Sinneswahrnehmungen, die sie zum Lesen und Schreiben braucht, und erlernt Strategien, mit Wörtern, Silben und Buchstaben besser umzugehen.

Stetiges Üben und Verbesserung

Leni schreibt immer noch den ein oder anderen Fehler, kann aber schon viele Fehler selbst erkennen und auch richtig korrigieren. Ihre Schrift ist nun auch deutlicher. Sie beginnt, am Anfang einer Zeile zu schreiben, und die Buchstaben gehorchen ihr wieder. Auch das Lesen fällt ihr jetzt schon leichter, es macht ihr sogar Spaß.

 

Und noch etwas sehr Schönes: Leni freut sich auf die Schule und geht wieder gerne dorthin.